Lebenshaus
Du stehst in deinem Lebenshaus
und schaust zum obersten Fenster hinaus.
Du denkst, so gewinnst du einen Überblick
und schaust zunächst einmal zurück.
Zurück zur Gestaltung der Fundamente
und machst deinen Eltern Komplimente
Dass sie starke Steine legten
einiges an Hindernissen wegbewegten
um dir den Bau der nächsten Mauern
zu ermöglichen, die die Zeiten überdauern
die du bis heute zum Bau genutzt hast
Nun bist du fertig, jedenfalls fast.
Gemessen an Lebensjahren kannst du nun
aufhören mit Bauen – du kannst nur noch wenig tun
um weiter die Fassade zu gestalten
Nein, du bist jetzt beim Verwalten
des Hausbestandes und seiner Lasten.
Vorbei ist jetzt das stetige Hasten
Eilen und Streben und der vielen Planungen
für Anbauten und Anerkennungen.
Nein, das Lebenshaus ist fast fertig
Du denkst, es ist genügend wertig?
Na ja, sei bescheiden und begnüge dich
mit dem Erreichten und sei freundlich
zu dir und den Menschen die dich schätzen.
Du solltest dich jetzt auf deine Lieblingsbank setzten
und tatsächlich nach draußen sehen
Nachdenken: was ist in den Jahren bisher geschehen.
Zusammen mit dir und dem Lebenshaus
wuchs ein Baum und treibt immer noch aus
Sein Wuchs wurde knorriger mit der Zeit
einige kahle Stellen machen sich breit
Man sieht ihm an, dass er viel erlebt hat
So verläuft sein Leben deinem adäquat
Alt ist er , aber jetzt sieht er interessant aus
passend zu dir und deinem Lebenshaus.
Bei einem Blick in Ferne fällt dir auf,
dass die Berge und Hügel vor deinem Haus
sich verändert haben – sind sie größer geworden?
Der hier im Norden, der Berg der Toleranz,
ist er flacher? Dank gewachsener Akzeptanz
der Lebensumstände kann das schon sein
Besser wäre, er wäre wirklich klein.
Der Berg im Süden, der Berg der Vorurteile
- oder besser gesagt der Fehlurteile -
über Menschen, über Sachverhalte,
aufgeschüttet mit vielen Tonnen Vorbehalte
gegen dir unverständliche Dinge und Themen
möchtet du nicht einiges wieder zurücknehmen?
Die Berge im Osten und im Westen
- auch aufgeschüttet auf breiten Grundfesten -
haben andere Menschen geschaffen
und haben hier zuhauf liegen gelassen,
was sie zu dir empfunden haben:
einen grünen Hügel mit bunten Blumenfarben
(die einige gute Taten von dir belohnen)
und einen Berg, auf dem Skulpturen thronen
die dich so zeigen, wie andere dich sehen.
Kannst du manches davon verstehen?
Die Sonne geht unter, du schaust immer noch hinaus
aus dem Fenster in deinem Lebenshaus
Ein Vogel fliegt vorbei und ruft dir zu:
„hallo, was erwartest du?
Dein Haus ist fertig und du solltest es akzeptieren
warum willst du immer noch etwas optimieren
was nur du so siehst – lass es einfach wie es ist
schau mich an, ich lasse fallen was stört: Mist.
Auch der ist wichtig, weil er düngt
und die Welt ein bisschen weiter bringt“.